Spätsommer in der Bretagne
Unser Beitrag zum Welttag der Poesie am 21.03.2020
von Hans-Heinrich Stricker
und Christiane Maria Kranendonk:
Spätsommer in der Bretagne
(Gedanken beim Malen oder Im Rausch der Sinne)
Noch belaubt das Gebüsch
Ein Bollwerk aus schwarzen Beeren
Staubiges Obst im Glast des Mittags
Das Ohr erlauscht nichts
zu dieser Tageszeit
schweigen die Höfe
Am frühen Nachmittag erwachendes Leben
Im trockenen Lehm der Gräben
Baden die Hunde nach heißem Schlaf
Unter den Linien der Menhire
haben sich Mythen
im Erdreich vergraben
Vom Atlantik her verwittert Gestein
Unter den Tauben am Turm
und dem Meißel der Stürme
Die Kathedralen leben dennoch fort
Pilaster und Triforien
Zu Ewigkeiten geballt
Durch Heide und Pinien
Getürmtes Gestein zu steilen Blöcken
im blauen All des Wassers versunken
Oder der Wunsch
Aus Felsennestern und Granatspitzen
In das Herz des Himmels zu schweben
Gesegnetes Land
vom fahrenden Blick des Gastes
Geschaut mit Langustenaugen
Und im Rubinrot des Weines
Neigt sich der Tag
zu dunklen Hortensienwäldern
Im fallenden Abend
stille Andacht am Kalvarienberg
wo Dämmerlicht und Dunst
Jahrhunderte einfangen
Im Nebelnetz versteinerter Zeit
Wir fahren vorbei
an bunten Märkten mit rastlosem Herz
In der Ferne die Atom-Türme
von Brennilis
Werdet ihr meine Dome
werdet ihr meine Steine
Werdet ihr meine Felder
wirst du Land und Meer
Werdet ihr meine Küsten
Euer Antlitz auf ewig bewahren?
© Dr. med. Hans-Heinrich Stricker (1984)