Keine Zeit
Nichts scheint so verbreitet weit
wie ein Doppelwort zur Zeit,
das bedeutet: „Lieber Mann,
sprich mich möglichst gar nicht an!“.
Doch wenn’s gar nicht anders geht
und keine Möglichkeit besteht,
als zum Plausch mit wenig Worten –
oft an aufgezwung’nen Orten –
steh’n zu bleiben dann und wann,
bieten sich die Worte an
„Keine Zeit“ mit viel Bedauern.
Mag der andre noch so trauern,
der mir stahl schon oft Minuten.
Für mich heißt’s dann, mich zu sputen!
Nur der Notruf „Keine Zeit“
hatte mich vom Tratsch befreit.
„Keine Zeit“, das trifft doch nicht
wörtlich zu! Im Angesicht
von terminlich arger Not
und begrenztem Sprechgebot
läuft die Zeit beständig weiter,
ob wir traurig oder heiter.
Ich wär wahrlich sprechbereiter,
hätt’ ich eingeteilt gescheiter
meine Zeit, sie reichte gar
für ein Schwätzchen wunderbar.
Aber so ist es im Leben:
Keiner will von dem was geben
wovon er genug besessen.
Unsre Zeit ist reich bemessen
für uns Menschen arm wie reich,
bis man kommt ins Himmelreich.