Orangenblüten im Haar
Ich
am steinernen Tor,
dem Meer gegenüber
und hinter mir fällt
das letzte Blatt.
Verhalten streicht die linke Hand
über die Mauer, über das Tor
und es bröckelt.
Tränen fallen
mit dem Rieseln der Zeit
auf einen Boden,
der für mich keiner mehr ist,
der sich mir unter den Füßen entzieht
der sich auftut und jede Zukunft verschlingt,
der mich stürzt ins Bodenlose,
ins Dunkel,
in Melancholie.
Erinnerungen flammen auf
für kurze Bilder
zurück
als alles noch ALLES war
und nichts NICHTS,
als am Morgen die ersten Strahlen
durchs Blattwerk schienen,
durchs Immergrün,
auf Orangenblüten
und sich bündelten
in den schönsten Früchten,
wie sie leuchten
im Klangbild untergehender Sonne
und süß auf den Lippen
kosten
kosten
wie ein ewiges Versprechen,
das man pflückt
wenn es reif ist
und schon durch die Schale
die Sinne verzückt,
um in seiner ganzen Wahr- und Wahrhaftigkeit
zu rinnen die Kehle hinunter,
aus der kein Ton mehr schallt,
zufrieden macht und
nicht zu viel
nicht zuviel
verspricht
und hält
am Morgen,
wenn die ersten Strahlen
durchs Blattwerk scheinen,
durchs Immergrün,
durchs Tor, durchs steinerne,
aufs Meer hinaus
wo es in den letzten Worten des Tages
glühend ertrinkt
und was war,
ist wahr
und ist
nicht mehr
nicht mehr
als ein Immergrün
ohne Blatt
hinter dem steinernen Tor,
der Mauer,
die, von der letzten Fingerkuppe gestreift,
hinter mir liegen
bleibt
bleibt
ohne Licht,
bis zum nächsten Morgen
und die Sonne zeigt alles
was bleibt,
denn da ist kein Grün,
sind keine Orangen,
nur die Zeit rieselt
auf staubigen Boden.
Mein Blick
geht aufs Meer hinaus,
weg vom Dahinter
hinter dem Tor
– steinern –
und von irgendwoher
wehen ins Haar mir Orangenblüten.
© Text: Andrea Greiner
© Bilder: Christiane Kranendonk