Trauer

– Gedicht über die Flut –

Von ferne höre ich das Meer,
wie es an das Ufer braust.

Ich stand an seinem Saum,
sah die Wellen,
die heranjagten
in rascher Folge,
mit ungebändigter Kraft.
Sie griffen nach mir.

Ich floh in das sichere Haus.

Nicht entfernt
wütete das Meer,
fauchte der Sturm,
öffnete der Himmel die Schleusen,
schleuderte Regen über das Land,
aus schwarzen Wolken
brannten die Blitze
und grollender Donner.
Bäche wurden zu Strömen,
zu reißenden Flüssen,
rissen mit, was nicht fliehen konnte:
Berge zerflossen,
wälzten zu Straßen,
begruben
Mensch, Tier, Häuser, Autos.

Der Regen versiegte,
der Sturm wurde zum säuselnden Wind –
nur das Meer schweigt nicht,
trägt zu mir das Klagen,
die Rufe nach Hilfe,
die Mühsal der Helfenden.

Über dem Land liegt Trauer.

© Annette Gonserowski